Wie es gelingen kann, nachhaltige Geldanlage nach den eigenen Vorstellungen umzusetzen – ein Leitfaden
Nachhaltigkeit wird bei Anlegern zunehmend zu einem zentralen Thema. Das zeigt der aktuelle Marktbericht des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG). Demnach investierten Privatanleger im Jahr 2021 rund 131 Milliarden Euro in Fonds, die als nachhaltig eingestuft sind. Das ist gegenüber 2020 ein Zuwachs um 230 Prozent. Und auch im ersten Quartal dieses Jahres setzte sich das Wachstum unvermindert fort. Laut den Zahlen des Fondsverbandes BVI waren da 563 Milliarden Euro in nachhaltige Publikums- und Spezialfonds investiert. Für das wachsende Interesse dürfte es zahlreiche Gründe geben. Zum einen das generell gestiegene Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit, das beispielsweise auch in der Vermeidung von Plastik, der steigenden Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln oder der verstärkten Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien zum Ausdruck kommt.
Zum anderen aber auch die staatliche Regulierung. Dazu zählt die Transparenzverordnung, die seit Anfang März vergangenen Jahres in Kraft ist. Demnach müssen Fonds nun als „nicht nachhaltig“, als „ESG-Fonds“, die soziale und ökologische Aspekte verfolgen, oder als sogenannte „Impact-Fonds“, die explizit positive Wirkungen auf Nachhaltigkeitsziele verfolgen, klassifiziert werden. Dazu kommt ab Anfang August dieses Jahres die geänderte MiFID-II-Richtlinie, die Anlageberater und Vermögensverwalter dazu verpflichtet, im Beratungsgespräch gezielt die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden abzufragen.
Fehlendes Wissen beim Thema nachhaltige Geldanlage
So sehr die Förderung nachhaltiger Investments zu begrüßen ist, so gilt es auch zu bedenken, dass das Wissen über dieses Thema noch nicht stark ausgeprägt ist. Laut einer Umfrage des Bankenverbandes vom Mai vergangenen Jahres gaben zwar 42 Prozent der Befragten an, den Begriff „nachhaltige Geldanlage“ zu kennen. Zwei Jahre zuvor waren es lediglich 32 Prozent. Doch nach der inhaltlichen Bedeutung des Begriffs befragt, konnte nur noch knapp ein Drittel erklären, was unter nachhaltiger Geldanlage zu verstehen ist. Gleichzeitig, das zeigt eine Umfrage der Fondsgesellschaft Union Investment, ist das spontane Verständnis von Nachhaltigkeit bei den Menschen vor allem von ökologischen Aspekten geprägt. 58 Prozent verbinden damit Umweltschutz, nur acht Prozent soziale Aspekte.
Mit anderen Worten: Den weitaus meisten Anlegern ist gar nicht bewusst, dass es bei nachhaltiger Geldanlage längst nicht mehr nur um Umwelt-Faktoren geht, sondern auch um soziale Standards eines Unternehmens oder wie ethisch sich die Unternehmensführung verhält. Dieses fehlende Wissen kann auch kaum überraschen. Schließlich gibt es keine allgemein gültige Definition von Nachhaltigkeit und die Produkte sind vielfältig und oftmals komplex. Zudem gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Konzepte, mit denen die Produktanbieter dieses Thema in ihren Fonds und Exchange Traded Funds integrieren. Das beginnt beim Ausschluss bestimmter Branchen oder Firmen, die zum Beispiel gegen die Menschenrechte verstoßen, geht weiter mit Best-in-Class-Ansätzen, bei denen die jeweils nachhaltigsten Firmen aus verschiedenen Sektoren favorisiert werden, und endet beim Impact Investing, wo es um eine messbare positive Wirkung auf Umwelt oder Gesellschaft geht. Dazu kommen die sogenannten ESG-Kriterien, also ökologische, soziale und ethische Aspekte, die immer mehr Fonds in ihren Anlageprozess integrieren.
Zunehmendes Problem: Greenwashing
Ein wachsendes Problem ist auch das Thema Greenwashing. Gerade die genannte Einstufung von Fonds im Rahmen der Transparenzverordnung, die die Produktanbieter selbst vornehmen, ist nicht ganz unproblematisch. Denn die Kriterien gelten als schwammig und die Klassifizierung eines Fonds kann in manchen Fällen durchaus diskussionswürdig sein. So befinden sich in manchen nachhaltigen Aktienindizes Tabak- oder Ölkonzerne oder Casino-Betreibern, die längst nicht für jeden Anleger nachhaltig sind. Außerdem versteht jeder etwas anderes unter Nachhaltigkeit. Für manche Anleger ist Kernenergie nachhaltig, da diese kein CO2 verursacht. Für andere ist sie jedoch aufgrund der potenziellen Gefahr, die von ihr ausgeht, und dem Problem der Endlagerung nicht nachhaltig.
Doch wie können Anleger, die nachhaltig investieren möchten, nun vorgehen, um sicher zu sein, dass sie nicht das falsche Produkt wählen? Im ersten Schritt sollten sie sich im Klaren darüber sein, was Nachhaltigkeit für sie bedeutet. Ob sie beispielsweise fossile Energieträger ganz ausschließen wollen oder nicht, ob Kernenergie in Frage kommt oder ob der Umweltschutz im Vordergrund stehen soll oder das soziale Verhalten der investierten Unternehmen sowie deren Governance. Im nächsten Schritt gilt es, sich mit dem jeweiligen Anlageprodukt genau auseinanderzusetzen. Entsprechen zum Beispiel die Ausschlusskriterien den eigenen Vorstellungen?
Blick ins Portfolio unerlässlich
Dabei sollte auch der Blick in das Portfolio eines Fonds oder ETFs erfolgen. Wenn man dort ein oder mehrere Unternehmen entdeckt, die nicht zur eigenen Vorstellung von Nachhaltigkeit passen, dann erscheint dieses Produkt vermutlich nicht geeignet. Den Markt zu überblicken, ist allerdings, wie bereits erläutert, nicht ganz einfach. Wer also nicht selbst nach einem geeigneten Produkt suchen möchte, der sollte sich professionelle Unterstützung holen. Denn so können Anleger sicher gehen, auch in den Fonds oder den ETF zu investieren, der ihrer eigenen Definition von Nachhaltigkeit entspricht.
Quelle: Financial Planning Standards Board Deutschland e.V.